Hokkaido-Wolf (Canis lupus hattai)- ausgestorben oder nicht? (2024)

Der Hokkaido-Wolf, eine von zwei in Japan ausgestorbenen Wolfsunterarten, wurde in dieser Illustration von dem englischen Zoologen St. George Mivart im Jahr 1890 festgehalten. Mivart, St. George Jackson (30 November 1827 – 1 April 1900), Public domain, via Wikimedia Commons)

Inhaltsverzeichnis

Schädliche Tiere auf Hokkaidō

In der japanischen Mythologie werden sowohl der ausgestorbene Honshū-Wolf als auch der Hokkaidō-Wolf, auch bekannt als Ezo-Wolf, als wohlwollende Wesen verehrt. Eine Legende, ähnlich der römischen Sage von Romulus und Remus, berichtet, dass ein Sohn von Fujiwara no Hidehira, einem japanischen Adligen und Herrscher des 12. Jahrhunderts, von Wölfen beschützt und versorgt wurde, nachdem seine Mutter ihn während einer Pilgerreise zur Welt gebracht hatte.

Für die Ainu, die Ureinwohner des nördlichen Japans, hatte der Hokkaidō-Wolf eine tiefgehende spirituelle Bedeutung und wurde als die Gottheit Horkew Kamuy („heulender Gott“) verehrt. Die Ainu sahen ihre eigene Herkunft als eng mit den Wölfen verbunden an, führten rituelle Opferungen zu deren Ehren durch und bemühten sich, Wolfsmerkmale in ihren Hunden zu bewahren. Der Wolf galt ihnen als heilig und war ein integraler Bestandteil ihrer Mythologie und Jagdtraditionen.

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Diese tiefe Verehrung durch die Ainu stand im starken Kontrast zum späteren Schicksal der Hokkaidō-Wölfe, die bis 1889, dem offiziellen Aussterbedatum, vollständig ausgerottet wurden. Mit der Meiji-Restauration ab 1868 beendete Kaiser Meiji Japans lange Isolation und leitete eine umfassende Modernisierung der Landwirtschaft ein. Die Regierung plante, Hokkaidō (Ezo), eine bis dahin unterentwickelte Insel, in eine fortschrittliche landwirtschaftliche Region zu verwandeln, in der Pferde und Rinder gezüchtet werden sollten. Man glaubte, dass die Viehzucht die landwirtschaftliche Zukunft des nördlichsten Japans darstellen würde, und sah in den Wölfen eine Bedrohung für diesen Fortschritt.

In diesem Kontext kam der amerikanische Rancher Edwin Dun 1873 als Berater nach Hokkaidō, um den Japanern die moderne amerikanische Viehwirtschaft näherzubringen. Mit der Entstehung von staatlich betriebenen Pferde- und Rinder-Versuchsfarmen nach westlichem Vorbild wuchs die Abneigung gegenüber Raubtieren, die eine Gefahr für das Nutzvieh darstellten. Für Dun symbolisierten Wölfe Tiere, die den Fortschritt der Zivilisation behindern, was die Regierung nicht tolerieren konnte und die Wölfe zu „schädlichen Tieren“ erklärte. Die Meiji-Regierung, die stark auf die Expertise westlicher Berater setzte, übernahm Duns negative Einstellung gegenüber den Wölfen.

Dun wurde schließlich beauftragt, die Hokkaidō-Wölfe und wilden Hunde im südöstlichen Hokkaidō auszurotten. Auf der Niikappu-Ranch leitete Dun ein Programm zur Auslöschung der Wölfe, bei dem Strychnin, ein früher als Rattengift verwendetes Mittel, eingesetzt wurde – eine Methode, die bei amerikanischen Wolfsjägern und in anderen Regionen, in denen industrielle Viehzucht ein fester Bestandteil der modernen Landwirtschaft geworden war, weit verbreitet war. Zusätzlich schuf ein Kopfgeldsystem der Hokkaido Development Agency Anreize für die Jagd auf diese Raubtiere.

Hokkaidō-Wolf – Steckbrief

alternative BezeichnungenEzo-Wolf, Japanischer Wolf
wissenschaftliche NamenCanis lupus hattai, Canis lupus haltai, Canis lupus rex
englische NamenHokkaido wolf, Ezo wolf, Sakhalin wolf, Yezo wolf, Yesso wolf
ursprüngliches VerbreitungsgebietHokkaido (Japan), Sachalin (Russland)
Zeitpunkt des Aussterbens1889
Ursachen für das AussterbenBejagung, Lebensraumverlust

Der Untergang des Hokkaidō-Wolfs

Die systematisch durchgeführte Vergiftungskampagne auf der Niikappu-Ranch zur Ausrottung der Hokkaidō-Wölfe wurde von Edwin Dun geleitet. Eine Patrouille von etwa zwanzig Reitern verteilte täglich vergiftetes Fleisch an strategischen Stellen, wobei auch die Kadaver von getöteten Pferden mit Strychnin präpariert wurden, um die Wölfe anzulocken und zu töten.

Die Kampagne zeigte schnell Wirkung: Bereits am ersten Tag wurden fünf bis sechs tote Wölfe gefunden, und in den folgenden Tagen wurden weitere vergiftete Tiere entdeckt. Innerhalb eines Sommers und Herbstes wurden die Hokkaidō-Wölfe nahezu vollständig ausgelöscht. Dabei fielen auch zahlreiche Füchse, Krähen und streunende Hunde der Vergiftung zum Opfer.

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Der drastische Rückgang des Ezo-Sikahirsches (Cervus nippon yesoensis), der Hauptbeute des Hokkaidō-Wolfs, zwischen 1878 und 1879 begünstigte die Ausrottung der Wölfe weiter. Die wenigen verbliebenen Hirsche konzentrierten sich in der Hidaka-Region, wodurch die Wölfe ebenfalls dort anzutreffen waren und die Jäger ihre vergifteten Köder gezielt auslegen konnten. Im März 1880 berichteten die Meiji-Beamten stolz von dem Erfolg der Vergiftungskampagne und empfahlen deren Fortsetzung zur endgültigen Beseitigung der Wölfe.

Nur 20 Jahre nach Beginn der Kampagne galt der Hokkaidō-Wolf auf der Insel Hokkaidō 1889 als ausgestorben. Auf der russischen Insel Sachalin überlebte er möglicherweise länger, einige Wissenschaftler vermuten, dass er dort bis 1945 existierte. Der sowjetische Zoologe Vladimir Heptner dokumentierte in Mammals of the Soviet Union (1998) jedoch, dass Wölfe seit Beginn des 20. Jahrhunderts nicht mehr dauerhaft auf Sachalin ansässig waren, sondern lediglich gelegentlich die Nevelsk-Straße auf dem Eis überquerten, ohne sich dort niederzulassen.

Die Geschichte des Hokkaidō-Wolfs erinnert an die des Beutelwolfs, da beide Tiere durch menschliche Aktivitäten und gezielte Ausrottungspolitiken zum Aussterben gebracht wurden. Trotz ihres Verschwindens behalten beide Arten eine kulturelle Bedeutung in ihren jeweiligen Regionen. In einer interkulturellen und multidisziplinären Studie aus dem Jahr 2023 untersucht Shoko Yoneyama die kulturelle Bedeutung und die anhaltenden Auswirkungen dieser Ausrottung der beiden Arten.

War Edwin Dun für das Aussterben der Hokkaidō-Wölfe verantwortlich?

Dun spielte sicherlich eine entscheidende Rolle bei der Ausrottung der Hokkaidō-Wölfe, aber er war nicht allein verantwortlich. Seine Vergiftungskampagne in den späten 1870er-Jahren war zwar äußerst effektiv, doch auch andere Faktoren trugen zur Auslöschung der Wölfe bei. Die Kaitakushi, die Entwicklungsbehörde für Hokkaidō, hatte ein komplexes Kopfgeldsystem eingeführt, das die Tötung von Wölfen und anderen Raubtieren förderte. Zudem setzte die rasante Entwicklung Hokkaidōs und die Veränderungen in der Landschaft die Wolfspopulation unter erheblichen Druck.

Dun trug maßgeblich zur Ausrottung der Hokkaidō-Wölfe bei, doch die Verantwortung liegt auch bei den japanischen Behörden, die die westlichen Methoden übernahmen und umsetzten. Später wurde Dun für diesen „Erfolg“ gefeiert und als derjenige anerkannt, der die landwirtschaftliche Zukunft Hokkaidōs gesichert hat.

Der Historiker Brett L. Walker betont in Meiji Modernization, Scientific Agriculture, and the Destruction of Japan’s Hokkaido Wolf (2004), dass Japan vor der Meiji-Restauration den Wolf als heiliges Wesen verehrte. Mit der Einführung westlicher Vorstellungen von Modernität und Landwirtschaft änderte sich diese Haltung jedoch radikal. Die Ausrottung des Hokkaidō-Wolfs wurde als notwendiger Schritt zur Modernisierung und Industrialisierung des Landes betrachtet, obwohl sie im Widerspruch zu den früheren kulturellen Überzeugungen stand.

Hokkaidō-Wolf – Größer als der Honshū-Wolf

Für eine 2010 veröffentlichte osteologische und genetische Analyse des Hokkaidō-Wolfs untersuchte der japanische Biologe Naotaka Ishiguro zusammen mit seinem Team 20 Schädel- und acht Unterkiefermerkmale von Hokkaidō-Wolf-Skeletten. Zudem analysierte er die mitochondriale DNA (mtDNA), um die genetischen Beziehungen zwischen dem Hokkaidō-Wolf und anderen Wolfsstämmen, einschließlich des Honshū-Wolfs, zu bewerten.

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Die Ergebnisse zeigten, dass der Ezo- oder Hokkaidō-Wolf größer war als der ebenfalls ausgestorbene Honshū-Wolf. Mit einer Schulterhöhe von 70 bis 80 Zentimetern ähnelte er dem Grauwolf des asiatischen und nordamerikanischen Kontinents. Morphologische und genetische Merkmale deuten darauf hin, dass der Hokkaidō-Wolf genetisch eng mit dem kanadischen Grauwolf oder Timberwolf (Canis lupus lycaon) verwandt war.

Obwohl sowohl der Honshū- als auch der Hokkaidō-Wolf in Japan heimisch waren, unterschieden sie sich deutlich voneinander. Im Gegensatz zu seinem kleineren südlichen Verwandten, dem Honshū-Wolf, der eine Schulterhöhe von nur 56 Zentimetern aufwies, hatte der groß gewachsene Hokkaidō-Wolf ein traditionelleres, wolfsähnliches Erscheinungsbild mit einem großen Schädel und langen, gebogenen Reißzähnen. Während der Honshū-Wolf aufgrund der Inselverzwergung kleiner und hundeähnlicher wurde, behielt der Hokkaidō-Wolf seine ursprüngliche Größe bei, die an seine großen sibirischen Vorfahren erinnert.

Die fehlende Inselverzwergung beim Hokkaidō-Wolf könnte auf mehrere Faktoren zurückzuführen sein. Das kältere Klima im Norden Hokkaidōs, das dem in Sibirien ähnelt, begünstigte wahrscheinlich einen größeren und kräftigeren Körperbau (Bergmannsche Regel). Auch die größeren Beutetiere wie Rothirsche und Hokkaidō-Hirsche spielten eine Rolle. Zudem könnte eine längere genetische Vermischung zwischen den Hokkaidō-Wölfen und ihren sibirischen Vorfahren zur Erhaltung ihrer Größe beigetragen haben, während der isolierte Honshū-Wolf in einer anderen Umgebung lebte und dadurch kleiner und hundeähnlicher wurde.

Wann der Ezo-Wolf nach Hokkaidō gelangte

Diverse Studien haben die Abstammung und Migration des Hokkaidō-Wolfs und seine Beziehung zu anderen Wolfspopulationen untersucht. Eine Forschungsarbeit des Evolutionsbiologen Shuichi Matsumura aus dem Jahr 2014 zeigte durch eine Analyse des mitochondrialen Genoms, dass der Hokkaidō-Wolf relativ spät, vor weniger als 14.000 Jahren, nach Japan gelangte. Diese Ankunft fiel in eine Zeit, in der Landverbindungen zwischen Hokkaidō und dem asiatischen Festland existierten, die die Migration erst ermöglichten. Dies könnte auch erklären, warum sich der Hokkaidō-Wolf phylogenetisch deutlich vom Honshū-Wolf unterscheidet, der bereits viel früher im späten Pleistozän, vor etwa 25.000 bis 125.000 Jahren, in Japan ankam.

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Eine 2016 veröffentlichte Studie der Biologin Jennifer A. Leonard ergänzt diese Erkenntnisse, indem sie zeigt, dass die heute lebenden Wolfsarten in Nordamerika ebenfalls durch Migration aus Eurasien über Landbrücken während des letzten Glazialmaximums (vor etwa 23.000 Jahren) nach Nordamerika gelangten. Diese Migration ähnelt derjenigen, die die Wölfe nach Hokkaidō brachte. Leonard zeigt, dass die Wölfe Hokkaidō und die südlichen japanischen Inseln über Landbrücken während des Pleistozäns besiedelten.

Der Hokkaidō-Wolf war demnach ein später Migrant, der aus einer eurasischen Population stammte, die genetisch eng mit den Vorfahren der nordamerikanischen Wölfe verwandt ist. Die mtDNA des Hokkaidō-Wolfs zeigt eine Verwandtschaft mit Grauwölfen aus Kanada, Alaska und den USA, was darauf hindeutet, dass seine Vorfahren Teil einer Gruppe waren, die sowohl Nordamerika als auch Teile Asiens besiedelte.

Physische Überreste des Hokkaidō-Wolfs sind selten

Vom Hokkaidō-Wolf ist wenig erhalten: Nur einige wenige, meist schlecht präparierte Präparate, ein paar vollständige oder teilweise erhaltene Skelette sowie historische Berichte von Zeitgenossen zeugen von seiner Existenz. Zu den bedeutendsten schriftlichen Aufzeichnungen gehören die unveröffentlichten Memoiren von Edwin Dun, der das Aussehen und Verhalten des Hokkaidō-Wolfs beschreibt. Ein Beispiel aus seinen Memoiren:

„Der Hokkaido-Wolf ist ein beeindruckendes Tier, aber für den Menschen nicht gefährlich, solange andere Beutetiere verfügbar sind. In den Wintermonaten (…) lebten sie hauptsächlich von Hirschen, die sehr zahlreich waren. Im Sommer bestand ihre Nahrung hauptsächlich aus Pferdefleisch. Ein ausgewachsener Wolf wiegt zwischen 70 und 80 Pfund, er hat einen enormen Kopf und ein Maul, das mit gewaltigen Reißzähnen und Zähnen bewaffnet ist. Er ist im Allgemeinen sehr schlank, aber außerordentlich muskulös. Im Sommer hat er eine graue Farbe und im Winter, wenn sein Fell dick und lang ist, ist er grauweiß. Seine Füße sind bemerkenswert groß, drei- oder viermal größer als die Füße des größten Hundes, denen sie in der Form ähneln, nur sind die Krallen viel länger. Diese großen Füße ermöglichen es ihnen, schnell über tiefen Schnee zu reisen (…). Sie jagen normalerweise allein oder zu zweit, aber häufig sieht man auch die Spur eines Rudels von vier oder fünf oder sogar mehr Tieren im Schnee. Im Allgemeinen sind sie über die Insel weit verstreut, aber nur wenige in einer bestimmten Gegend.“

Meiji Modernization, Scientific Agriculture, and the Destruction of Japan’s Hokkaido Wolf. Environmental History Vol. 9, No. 2, April 2004, B. L. Walker.

Heute wissen wir, dass der Hokkaidō- oder Ezo-Wolf eine ausgestorbene Unterart des Grauwolfs war, doch das wurde erst nach und nach erkannt. 1890 zeigte ein Vergleich von Schädeln des Honshū-Wolfs, der bereits 1839 wissenschaftlich beschrieben wurde, mit denen von Wölfen aus Hokkaidō deutliche Unterschiede, doch wurden sie zunächst als lokale Varianten derselben Unterart angesehen.

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Erst 1931 beschrieb Kyukichi Kishida in Notes on the Yesso Wolf den Schädel eines 1881 getöteten Hokkaidō-Wolfs und erklärte ihn zu einer eigenständigen Unterart. Der Name der Unterart, hattai, geht auf den japanischen Zoologen Hatta Suburō zurück, der 1913 vermutete, dass der Hokkaidō-Wolf möglicherweise mit dem Sibirischen Wolf (Canis lupus communis) verwandt sei. Suburō hatte jedoch keine lebenden Exemplare zur weiteren Analyse.

Nachdem der Hokkaidō-Wolf als Unterart anerkannt war, untersuchte der britische Zoologe Reginald Innes Pocock im British Museum ein Exemplar, das 1886 erworben wurde. Aufgrund seiner beachtlichen Größe gab er ihm den Namen Canis lupus rex, wobei „rex“ im Lateinischen „König“ bedeutet.

In der wissenschaftlichen Forschung gibt es weiterhin Diskussionen über die Unterarten des Wolfs. Über 40 Unterarten wurden beschrieben, doch die meisten gelten als zweifelhaft. Derzeit sind elf Unterarten anerkannt, von denen drei als ausgestorben gelten: der Hokkaidō-Wolf, der Honshū-Wolf und der erst 2018 wissenschaftlich beschriebene Sizilianische Wolf.

Angebliche Sichtungen: Existiert der Hokkaidō-Wolf noch?

In On Extinction of the Japanese Wolf (1997) schreibt John Knight, dass viele Japaner, vor allem jene, die in der Nähe von Wäldern und bergigen Regionen leben, das offizielle Aussterbedatum des Hokkaidō-Wolfs im Jahr 1889 infrage stellen. Der Grund dafür liegt in den seit über einem Jahrhundert sporadisch auftauchenden Berichten über Sichtungen in verschiedenen Teilen Japans. Insbesondere die Ainu glauben, dass der Hokkaidō-Wolf noch lange nach 1889 überlebt hat, und es gibt gelegentlich Berichte von Wanderern oder Jägern, die Wolfsgeheul vernommen haben wollen.

Die meisten dieser angeblichen Sichtungen konzentrieren sich auf die Kii-Halbinsel im südlichen Teil von Japans Hauptinsel Honshū. Aus diesem Grund führte Knight zwischen 1987 und 1989 sowie erneut zwischen 1994 und 1995 Feldforschungen in den Bergwäldern dieser Region durch. Dabei konzentrierte er sich nicht nur auf die Datenerhebung zur Forstwirtschaft und Wildschweinjagd, sondern befragte auch Einheimische, die behaupteten, Wölfe gesehen zu haben oder fest daran glaubten, dass diese noch existieren.

In früheren Jahren hatten das Nara Prefecture Wildlife Protection Committee und andere Gruppen Experimente durchgeführt, bei denen Tonbandgeräte strategisch in den Bergen platziert wurden. Ziel war es, durch das Abspielen von Wolfsgeheul eine Reaktion möglicherweise noch existierender Hokkaidō-Wölfe zu provozieren. Trotz dieser Bemühungen konnte jedoch kein eindeutiger Beweis für die Anwesenheit von Wölfen erbracht werden.

Knights Untersuchung zielte letztlich nicht darauf ab, die Hypothese vom Aussterben zu widerlegen oder zoologische Beweise für die Existenz des Hokkaidō-Wolfs zu sammeln. Vielmehr ging es ihm darum, zu verstehen, warum und wie diese Sichtungen von den japanischen Bergbewohnern berichtet werden und welche symbolische Bedeutung der Wolf für sie hat. Er analysierte, wie die Berichte über Sichtungen und der Glaube an die fortdauernde Existenz der Wölfe als Symbol für die Beziehung der Menschen zur Natur und die historischen Veränderungen der Landschaften dienen.

Verwechslungen mit verwilderten Hunden

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Der US-amerikanische Kryptozoologe Loren Coleman vermutet in einem 2009 auf Cryptomundo veröffentlichten Beitrag, dass viele der angeblichen Sichtungen von Hokkaidō-Wölfen wahrscheinlich auf Verwechslungen mit wolfsähnlichen Hunderassen wie Siberian Huskys, Malamutes oder Hokkaidō-Hunden zurückzuführen sind. Diese Hunderassen könnten in der Wildnis von Hokkaidō verwildert sein, nachdem sie während eines Haustier-Booms ausgesetzt wurden.

Coleman betont, dass es für viele Menschen schwierig ist, zwischen einem echten Wolf und einem Hund zu unterscheiden, insbesondere da Präparate des Hokkaidō-Wolfs äußerst selten sind und keine bekannten Fotografien existieren. Dadurch haben viele Menschen keine klare Vorstellung davon, wie diese Wolfs-Unterart tatsächlich aussah, was leicht dazu führen kann, dass ein Husky für einen Wolf gehalten wird.

Obwohl Sichtungen selten sind und Beweise spärlich bleiben, schließt Coleman nicht aus, dass eine kleine Population von Hokkaidō-Wölfen überlebt haben könnte. Weite Teile der Insel sind abgelegen und unzugänglich, besonders in den zentralen und östlichen Regionen Hokkaidōs, wo es großflächige, unbewohnte Gebiete gibt. Diese sind schwer zu erreichen, vor allem im Winter, wenn starker Schneefall und eisige Bedingungen herrschen.

Hokkaidō-Wölfe auf den Kurilen?

Die Möglichkeit, dass der Hokkaidō-Wolf auch auf den Kurilen lebte, ist aus geografischer Sicht plausibel. Die 1.200 Kilometer lange Inselkette, die Russland gehört und aus über 30 Inseln besteht, verbindet die russische Halbinsel Kamtschatka mit der Insel Hokkaidō. Da Wölfe bekanntlich vereiste Gewässer überqueren können, erscheint eine Besiedlung der Kurilen durch den Hokkaidō-Wolf möglich.

Allerdings sind die Informationen über das Vorkommen des Hokkaidō-Wolfs auf den Kurilen widersprüchlich und oft fehlerhaft. Berichte über Wolfsichtungen auf den Inseln Kunashir, Iturup und Paramushir könnten auf Verwechslungen mit wilden Hunden zurückzuführen sein. Beispielsweise wurden Wölfe, die auf der östlichsten Kurilen-Insel Shumshu gemeldet wurden, später als verwilderte Hunde identifiziert.

Mitte der 1960er-Jahre wurde eine Untersuchung der Tier- und Pflanzenwelt auf den Kurilen durchgeführt. Dabei wurden keine Wölfe, sondern lediglich verwilderte Hunde gefunden, insbesondere auf den Inseln Iturup, Urup, Shumshu, Kunashir und Paramushir. Trotz dieser Ergebnisse bleibt vieles über die unwirtlichen und oft unbewohnten Kurilen-Inseln unbekannt, da sie eine weitgehend unberührte Natur aufweisen.

Folgen für das Ökosystem durch das Aussterben des Hokkaidō-Wolfs

Mit dem Aussterben des Hokkaidō-Wolfs Ende des 19. Jahrhunderts verschwand ein bedeutender Spitzenprädator aus dem Ökosystem der Insel. Solche Spitzenprädatoren spielen oft eine zentrale Rolle in ihrem Lebensraum, und das Fehlen des Hokkaidō-Wolfs führte zu tiefgreifenden Veränderungen auf Hokkaidō. Eine Studie aus dem Jahr 2017, die die Ernährungsgewohnheiten des Hokkaidō-Wolfs rekonstruierte, zeigte, dass dieser sich hauptsächlich von Ezo-Sikahirschen ernährte, aber auch Wildschweine (Sus scrofa) und Japanische Serau (Capricornis crispus) auf seinem Speiseplan standen.

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Bis vor etwa 120 Jahren hielten die Hokkaidō-Wölfe die Populationen von Ezo-Hirschen in Schach. Nach dem Verschwinden der Wölfe kam es jedoch zu einer explosionsartigen Vermehrung der Sikahirsche und Wildschweine in Japan, was erhebliche ökologische, soziale und wirtschaftliche Probleme verursachte. Die bis zu zwei Meter großen und 170 Kilogramm schweren Sikahirsche werden nicht nur zu landwirtschaftlichen Schädlingen, sondern auch zu einer Gefahr im Straßenverkehr, da sie häufig Unfälle verursachen. Zudem schaden sie dem Ökosystem, indem sie bestimmte Pflanzenarten übermäßig fressen.

In der Vergangenheit schlug die Japan Wolf Association vor, ein dem Hokkaidō-Wolf ähnliches Raubtier wieder auf der Insel anzusiedeln. Dabei wurde an die Wiedereinführung des Europäischen Wolfs (Canis lupus lupus) gedacht, der mit dem ausgestorbenen Hokkaidō-Wolf verwandt ist. Doch lokale Behörden und Bauern lehnten dieses Vorhaben ab, da sie befürchteten, dass die eingeführten Wölfe Nutztiere angreifen könnten und die Kontrolle der Raubtiere hohe Kosten verursachen würde.

Obwohl dieses Vorhaben bisher nicht umgesetzt wurde, zeigt das Beispiel des Yellowstone-Nationalparks in den USA, dass die Wiedereinführung von Raubtieren erfolgreich sein kann. Nach dem Aussterben des Grauwolfs führte die unkontrollierte Vermehrung der Elche zu erheblichen Schäden an der Vegetation. Die Wiedereinführung des Grauwolfs im Jahr 1995 trug zur Erholung der Pflanzenwelt bei und stärkte auch die Bestände von Bibern und Rotfüchsen, da die Wölfe die Zahl der Kojoten reduzierten, die mit den Rotfüchsen konkurrierten und Biber jagten. Trotz des Erfolgs benötigte dieses Projekt jedoch rund 30 Jahre Vorbereitungszeit und führte zu zahlreichen Konflikten und Verhandlungen mit den örtlichen Landwirten.

Um die Hirschplage in den Griff zu bekommen, hat die Regierung von Hokkaidō sich nun für ein anderes Vorhaben entschieden: Zwischen 2024 und 2026 sollen spezielle Notfallmaßnahmen ergriffen werden, um die Hirschpopulation auf etwa die Hälfte, also rund 360.000 Tiere, zu reduzieren. Ziel ist es, die Zahl der Tiere durch verstärkte Jagdaktivitäten deutlich zu senken. Dazu wurden die Zielvorgaben für die Jäger drastisch erhöht, sodass jährlich etwa 185.000 Hirsche erlegt werden sollen. Insbesondere die Jagd auf Hirschkühe wird intensiviert, um die Fortpflanzung der Tiere zu verringern und die langfristige Kontrolle der Population zu gewährleisten.

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